Polen

Schnittstelle zwischen Ost und West

Zu Gast in Poldis Heimat

An der Nahtstelle zwischen Ost- und Westeuropa hat die Geschichte in den letzten 1000 Jahren in Polen viel Unheil angerichtet. Der Ritterorden wütete im Land, die Mongolen und Schweden, Preußen und Napoleon, Nazis und Sowjets. Jeder deutsche Besucher sollte sich bewusst sein, dass die schlimmsten Greuel im Namen seines Volkes verübt wurden, jedem Rucksackreisenden stehen einige Brocken Polnisch also gut zu Gesicht.

Dank an Heiko Focken für den nachfolgenden Text.

Allgemein

Das Netz der Polnischen Staatsbahn PKP ist noch vergleichsweise dicht geknüpft - noch! Zahlreiche Streckeneinstellungen haben in den vergangenen Jahren jedoch dazu geführt, dass manche Regionen nicht mehr von der Eisenbahn bedient werden. Vorsicht beim Hinweis "G" im PKP-Kursbuch - diese Züge bzw. Strecken können jederzeit eingestellt werden.
Das Fahrzeugmaterial ist mit Ausnahme einiger IC-/EC-Wagen relativ alt und nicht immer ganz sauber. Schnellzüge erreichen selten höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten als 80 km/h. In nahezu allen Fernzügen wird ein Barwagen mitgeführt. Die Züge sind insbesondere auf den Hauptstrecken oft brechend voll. Notfalls sollte man sich den Aufpreis für die 1. Klasse spendieren.
Während das Land (und die Bahnhöfe) im Norden und Westen unverkennbar preußische Züge trägt, sind im Süden schon österreich-ungarische Einflüsse erkennbar. Ganz im Osten erinnern Birkenwälder und Holzhäuser an das nahe (Weiß-)Russland.
Das großpolnische Flachland ("Wielkopolska") rund um die Achse Berlin - Warszawa - Weißrussland ist wenig aufregend. Schön sind die Strecken in Küstennähe und im Riesengebirge bzw. der Tatra und den Beskiden im Süden.
Ländliche Idylle, in der die Zeit seit dreißig Jahren stehen geblieben zu sein scheint, findet man bei einer Fahrt über eine der (noch) recht zahlreichen Nebenbahnen. Unbedingt empfehlenswert ist die "Haffbahn" von Elblag nach Braniewo, auf der der Zug viele Kilometer weit fast über den unberührten Strand fährt (Achtung, nur zwei Zugpaare am Tag). Das gebirgige Gegenstück ist die einstellungsbedrohte Strecke 136 von Nowy Sacz nach Chabowka quer durch die Beskiden. Nicht weit von der deutschen Grenze entfernt lohnen die Bahnen südlich von Breslau ins Riesengebirge, z.B. die "Rübezahlbahn" von Jelenia Gora nach Slaska Poreba Gorna.
Die Fahrpreise sind recht niedrig und werden pro Kilometer immer günstiger, je weiter man fährt: 10 km = 2,90 Zloty, 100 km = 12,30 Zloty, 100 km = 29,90 Zloty. Schnellzüge und Expresszüge haben einen teureren Grundpreis. Richtig hingelangt wird bei der PKP beim Grenzübertritt:: Der eine Kilometer zwischen Görlitz und Zgorzelec schlägt mit rund 3 Euro zu Buche. Da könnte sich sogar das Schwarzfahren lohnen ...

Reservierungen

sind im EC, IC und Ex obligatorisch. In anderen Fernverkehrszügen ist die Reservierung nur in einigen Zügen (Hinweis "RF" im Kursbuch) möglich. Im Binnenverkehr werden reservierte Plätze im Zug nicht angezeigt.

Zuschläge

Mit internationalen Fahrausweisen hat man die Berechtigung zur Benutzung von Schnellzügen und der IR zwischen Dresden und Wroclaw. Die Zuschläge für Ex, IC und EC richten sich nach Zuggattung und Entfernung. Der "Berlin-Warszawa-Express", in dem die EC zwischen diesen Städten aufgegangen ist, kostet einen vergleichsweise günstigen Pauschalpreis. Netzkarten werden gegen einen geringen Aufpreis in diesen Zügen anerkannt.

Nachtzüge

fahren in nahezu alle Landesteile, selbst in kleinere Ortschaften. Tief im Hinterland wird der Schnellzug mitunter zum Bummelzug und hält auch an kleinsten Haltepunkten. Bei den langen Strecken quer durchs Land sind Nachtfahrten sehr zu empfehlen. Von längeren Nachtfahrten in Sitzwagen muss aufgrund der oft sehr vollen Züge und der häufigen Halte in den Nachtstunden jedoch abgeraten werden, wenngleich Liege- und Bettplätze nicht ganz billig sind. Man fühlt sich danach sonst selbst als geübter Railer wie gerädert. Ein Liegewagenplatz kostet im 6-er-Abteil 45 Zloty. Schlafwagenplätze sind ab 75 Zloty (Dreierabteil) zu haben.

Auslandsverbindungen

sind ziemlich dürftig. Oftmals verkehren nur eine Handvoll Züge über die Grenzen nach Deutschland, in die Tschechische und in die Slowakische Republik. Daneben bestehen Verbindungen in die Staaten der GUS und ins Baltikum, das seit 1999 auch ohne Visum zu bereisen ist.

Fahrplanauskunft

Das polnische Kursbuch "Sieciowy Rozklad Jazdy Pociagow" ist mit viel Glück auf großen Bahnhöfen erhältlich und kostet stolze 50 Zloty! Mit dem Europa-Kursbuch der Deutschen Bahn ist man jedoch auch meist ausreichend bedient. Die Internet-Auskunft basiert auf dem Informationssystem "Hafas" der Deutschen Bahn.

Währung

1 Zloty = 100 Groszy.
1 Zloty entspricht etwa 0,3 Euro. 1 Euro entspricht etwa 3,5 Zloty.

Essen

Zu hohe Ansprüche sollte man an die polnische Küche nicht stellen...
Zudem ist es mitunter nicht ganz einfach, eine über den Status einer Imbissbude hinaus gehende Lokalität zu finden. Nationalgericht ist "Bigos", ein Krauteintopf, der auch in den zahlreichen Barwagen der Züge verkauft wird. Dazu gibt´s Fleisch oder Brot.

Lebenshaltungskosten

Die Kosten für Lebensmittel ("sklep") liegen ein wenig unter dem europäischen Durchschnitt. Importware kann jedoch recht teuer sein. Preiswert sind Dienstleistungen wie z.B. öffentliche Verkehrsmittel oder Friseurbesuche.

Einreise

Zur Einreise ist nur Personalausweis erforderlich. An der Grenze wird aber nur noch sporadisch kontrolliert.

Übernachtung

Im ganzen Land gibt es zahlreiche Jugendherbergen und Wanderheime. Diese sind zumeist recht spartanisch ausgestattet und z.T. nur in der Sommersaison geöffnet, dann jedoch oft überlaufen. Hotels sind vergleichsweise teuer und entsprechen mitunter nicht dem gewohnten Standard.
Campen ist in den vielen einsamen Gegenden auch abseits der Campingplätze möglich, wird jedoch nicht so gerne gesehen (wenn es gesehen wird). Sonst: einfach mal bei einem Bauern nachfragen, ob man auf seiner Wiese das Zelt aufschlagen darf.

Schöne Orte

Der Unterschied zwischen Land und Stadt ist gewaltig: Hier eine Handvoll Gehöfte mit bröckelnden Mauern und winzigen Feldern drumherum, dort wunderschön herausgeputze Innenstädte. Absolutes Muss ist Krakow mit dem Wawel, die fast vollständig sanierte Innenstadt von Gdansk und die Innenstadt mit dem Marktplatz von Wroclaw (Breslau). Überall zahllose junge Leute in den Städten! Die Hauptstadt Warszawa (Warschau) ist außerhalb des unmittelbaren Zentrums dagegen weniger reizvoll - viele Nachkriegsbauten und langweilige Umgebung. Als Geheimtipp ist das mondäne Kurbad Sopot nahe Gdansk mit seiner Promenade und der Seebrücke zu nennen.