Treffpunkt Italien
Panik und klebrige Ledersitze
1. Tag: So, 4. Juli
Wenigstens konnte ich vor der anstrengenden Reise ein letztes Mal ausschlafen, denn mein Zug fuhr erst um 11 Uhr vormittags von Karlsruhe ab. Da in meinem Rucksack kein Platz mehr für Lesestoff war, hatte ich die ganzen 7½ Stunden nach Mailand Zeit, mir ernsthaft Gedanken über unsere Reise zu machen.
Bald jedoch war es zu heiß zum Grübeln, denn ausgerechnet in unserem Waggon fiel die Klimaanlage aus. Mein schweißnasses T-Shirt, die schlechten Aussichten auf eine Dusche innerhalb der nächsten Tage und das fortwährende Herumgekeife einer Schwerhörigen (sie selbst hat´s ja nicht gemerkt) stimmten mich zusehends pessimistisch.
In Mailand traf ich um 6:30 Uhr ein und musste erst noch meinen Zug nach Albenga ausfindig machen. Zum Glück wusste ich von Andrea, dass Gleis auf Italienisch "Binario" heißt. Sonst stünde ich wahrscheinlich jetzt noch auf dem falschen Bahnsteig. Die Weiterfahrt nach Albenga verlief reibungslos, und als ich die ersten Palmen im Vorbeifahren erblickte, vollführte ich in Gedanken Freudensprünge, denn es bedeutete, dass ich in den richtigen Zug gestiegen war oder zumindest in die richtige Richtung fuhr.
Meine Stimmung trübte sich jedoch wieder, als ich in Albenga ausstieg und von Dunkelheit umgeben wurde, die mich kaum die eigene Hand vor den Augen sehen ließ, geschweige denn eine kleine Gestalt, deren Blondschopf von einem überdimensionalen Rucksack übertürmt wurde und die auf den Namen Andrea hörte. Nachdem ich ein paarmal auf- und abgegangen war und einem Panikausbruch nahe war, hörte ich eine unverwechselbare Froschstimme meinen Namen rufen. Zufällig glitt mein Blick über den gegenüberliegenden Bahnsteig, und da stand Andrea im Schein einer Neonröhre (oder so etwas Ähnlichem) und winkte.
Später erklärte sie mir, warum ich so einfach zu erkennen gewesen bin: "Du sahst aus wie ein Käferchen mit deinem Safarihut." Das konnte selbstverständlich nur ich sein.
Um 23 Uhr, nachdem wir eine Stunde in Albenga herumspaziert waren, ging unser Zugfahrmarathon erst richtig los: Mit dem Nachtzug fuhren wir nach Rom. Leider fanden wir in dieser Nacht in unserem Liegewagenabteil nur etwa 3 Stunden Schlaf: Der Lärm, die Hitze und die klebrigen Ledersitze machten das Einschlafen schwer.
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