Übernachten

Schön geschlafen

Grausen und Ekel

6. Tag: Fr, 9. Juli

Kleiner Schock am frühen Morgen: Ich machte mich auf den Weg zur Gemeinschaftsdusche, Andrea schlief noch. Der Duschraum sah aus wie eine Schlachterei, in der gerade ein Schwein verendet war. Das sollte mich jedoch wenig stören, denn ich war nur daran interessiert, so schnell wie möglich den Schweiß der vergangenen Tage abzuduschen. Ich stellte mich also in die Badewanne - und da lag er auch schon, der Inbegriff an Abscheulichem, Ekelerregendem und Abstoßendem: Eine etwa untertassengroße, zerdrückte Kakerlake inmitten der Badewanne. Sie hatte eine groteske flache Form angenommen, doch das typische Kakerlakenbraun ihres Panzers war unverkennbar. Ich fragte mich, wer wohl so geschickt gewesen war, das Untier so gekonnt zur Strecke zu bringen. Es lief mir eiskalt über den Rücken - das Wasser natürlich, welches ich soeben aufgedreht hatte.

Ich achtete darauf, der Leiche nicht zu nahe zu treten und beobachtete sie die ganze Zeit über. Vielleicht würde sie sich ja noch einmal aufrappeln und mir über die Füße ... ach was, das Ding war platt wie ein Pfannkuchen. Trotzdem duschte ich an jenem Tag nicht länger als drei Minuten und hechtete ins Zimmer zurück, wo ich Andrea schon mal vorwarnte. Daraufhin bestand sie darauf, dass ich zur Dusche mitkomme, um sie in das Unheil, das sie dort erwarteten würde, einzuweisen. Diesmal blieb ich an der Tür stehen, während Andrea sich in die Badewanne beugte. Zu meiner Überraschung streckte sie einen Finger hinein, ich hörte ein leises Kratzgeräusch. Ekel überkam mich bei der Vorstellung, das Ding mit bloßen Fingern zu entfernen, und von Andrea hätte ich es weiß Gott nicht erwartet.

"Diana", riss sie mich aus meinen Gedanken, und dann kam der alles erklärende Satz, der so beschämend, aber zugleich so erleichternd war, als ob mein Arzt eine schlimme Fehldiagnose zugeben würde: "Deine "Kakerlake" ist ein Loch in der Badewanne."

An diesem Tag stiegen wir hinauf zur Akropolis. Ein Vergnügen war das nicht bei der Hitze: Wir mussten alle zwei Minuten anhalten, ausruhen, Wasser trinken, damit wir einigermaßen leistungsfähig blieben und den Aufstieg meistern konnten. Nach einer ausführlichen Besichtigung der Tempel und des Museums begaben wir uns zurück in die Innenstadt und gerieten beinahe zufällig auf einen Bazar, wo wir zum ersten Mal Gyros aßen und Nektarinen schlürften. Wir beschlossen einstimmig, nicht noch einen weiteren Tag in der schlechten Luft dieser Großstadt zu verbringen, und als wir an jenem Abend in unserem Hotelzimmer schwitzten wie niemals zuvor, stand unsere Entscheidung fest. Übrigens wimmelte es an jenem Abend in unserem Zimmer nur so von - na was wohl - Kakerlaken.

Auf ans Meer!